Walter (Adolf Georg) Gropius

Pionier des Modulbaus

* 18. Mai 1883 Berlin; † 5. Juli 1969 Boston
 
Deutscher und US-amerikanischer Architekt
 

Kurzbiographie

 

Der talentierte Mister Bauhaus

Von seinen Kritikern als Funktionalist verachtet, von seinen Schülern jubelnd auf Händen getragen. So berühmt wie seine Mitstreiter Mies van der Rohe oder Le Corbusier wurde der Bauhausgründer nie. Kein Wunder. Seine Talente lagen eher im Verborgenen.
 
Walter Gro­pius war ein Groß­neffe des Ar­chi­tek­ten Martin Gropius. Seine El­tern waren der Geheime Baurat Walter Gropius und Manon Gropius, die Toch­ter von Georg Scharnweber. 1910 lernte er Alma Mahler, die Frau des Kom­po­nis­ten Gustav Mahler, ken­nen und be­gann eine au­ßer­ehe­li­che Be­zie­hung mit ihr. 1915 – vier Jahre nach Gus­tav Mah­lers Tod – hei­ra­te­ten sie. Ihrer ge­mein­sa­men Toch­ter Alma Manon (1916–1935) wurde nach ihrem frü­hen Tod durch Alban Bergs Violinkonzert Dem An­denken eines Engels ein mu­si­ka­li­sches, durch Franz Werfel ein li­te­ra­ri­sches Denk­mal ge­setzt. Die Ehe wurde 1920 ge­schie­den. Gro­pius hei­ra­tete 1923 die Jour­na­lis­tin Ilse Frank (1897–1983). Die Ehe blieb kin­der­los.
 
1903 begann Gropius ein Architekturstudium an der Technischen Hochschule München, das er ab 1906 an der Technischen Hochschule Charlottenburg fortsetzte, 1908 aber ohne Diplom abbrach. Im selben Jahr trat er in das Büro von Peter Behrens ein, in dem neben ihm auch andere später berühmt gewordene Architekten gearbeitet hatten, unter anderem Ludwig Mies van der Rohe und Le Corbusier. Nach zweijähriger Mitarbeit bei Behrens machte sich Gropius 1910 als Industriedesigner und Architekt selbständig. Im selben Jahr kam Gropius durch Karl Ernst Osthaus zum Deutschen Werkbund. Für das von Osthaus mit der Unterstützung des Werkbunds gegründete Deutsche Museum für Kunst in Handel und Gewerbe organisierte er 1912 eine Sammlung vorbildlicher Entwürfe für Fabrikwaren.  Als Formgestalter entwarf er Inneneinrichtungen, Tapeten, Serienmöbel, Autokarossen und eine Diesellokomotive. Seine erste bedeutende architektonische Arbeit war das Fagus-Werk in Alfeld an der Leine, das er zusammen mit Adolf Meyer baute. Dieser Fabrikbau gilt mit seiner Stahl- und Glasarchitektur als richtungsweisendes Werk der später sogenannten „Modernen Architektur“, die in den 1920er-Jahren unter der Bezeichnung „Neues Bauen“ oder „Neue Sachlichkeit“ zum allgemeinen Begriff wurde. Das Fagus-Werk wurde im Juni 2011 von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.
 
 

Für die Ausstellung des Deutschen Werkbundes 1914 in Köln baute Gropius mit Meyer zusammen eine Musterfabrik, die sich später ebenfalls als bedeutender Beitrag zur modernen Architektur erweisen sollte. Die Besonderheit dieses Baus waren rund verglaste Treppentürme, die als neues gestalterisches Motiv später, in den 1920er-Jahren, bei Erich Mendelsohn in seinen Warenhäusern häufige Verwendung fanden.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Gropius zum Begründer des Bauhauses: Er wurde 1919 auf Vorschlag Henry van de Veldes als dessen Nachfolger zum Direktor der Großherzoglich-Sächsischen Hochschule für Bildende Kunst in Weimar (Thüringen) ernannt und gab der neuen Schule den Namen „Staatliches Bauhaus in Weimar“. Gropius hatte das Amt des Direktors (zunächst in Weimar bis 1926 und danach in Dessau) inne. Seine Nachfolger wurden 1928 der Schweizer Architekt Hannes Meyer und 1930 Ludwig Mies van der Rohe, der das Bauhaus bis zur Schließung 1933 führte.

Ab 1926 beschäftigte er sich intensiv mit dem Massenwohnbau als Lösung der städtebaulichen und sozialen Probleme und trat für die Rationalisierung des Baugewerbes ein. Walter Gropius war im Jahr 1927 zusammen mit Erwin Piscator Mitbegründer des Projektes eines Totaltheaters, das die Aufhebung der räumlichen Trennung zwischen Schauspielern und Zuschauern zum Ziel hatte. 1934 emigrierte Gropius nach Angriffen der Nationalsozialisten auf das Bauhaus als der „Kirche des Marxismus“ nach England und 1937 weiter in die USA nach Cambridge, wo er als Professor für Architektur an der „Graduate School of Design“ der Harvard University tätig war.

Von 1941 bis 1948 arbeitet Gropius eng mit Konrad Wachsmann zusammen. Sie entwickelten und produzierten unter anderem das bekannte General-Panel-System.

1946 gründete Gropius die Gruppe The Architects Collaborative, Inc. (TAC) als Vereinigung junger Architekten, die für ihn zugleich ein Manifest seines Glaubens an die Bedeutung der Teamarbeit werden sollte. Ein Werk dieses Teams ist das Graduate Center der Harvard University in Cambridge (1949/1950).

In seinen letzten Lebensjahren war Gropius wieder häufig in Berlin tätig, wo er unter anderem 1957 im Rahmen der Interbau einen neungeschossigen Wohnblock im Hansaviertel errichtete. Die konkave Südfront und das offene Erdgeschoss gelten bei diesem Gebäude als typisches Beispiel einer „späten Moderne“.

Anfang der 1960er Jahre setzte sich Gropius für den Erhalt des ehemaligen Kunstgewerbemuseums Berlin ein, das sein Großonkel Martin Gropius entworfen hatte. Das Gebäude wurde 1966 unter Denkmalschutz gestellt. Den späteren Wiederaufbau bis hin zur Nutzung als Martin-Gropius-Bau erlebte er nicht mehr.